Der „Urknall des Privatfernsehens“ und seine Überlebenden im PresseClub

50 Gäste und 12 TV Pioniere der allerersten Stunde des  Privatfernsehens in Deutschland beim PresseClubforum zum 30-jährigen Jubiläum der „Tele-Zeitung München“:
Die persönlichen Lebensläufe und Statements der Macherinnen und Macher der Tele-Zeitung München, ihre Analysen und Anamnesen zum derzeitigen Status des „Patienten Privatfernsehen“ ergaben kurzweilige und überraschende zwei Stunden.
Dagmar Werther, Dieter Mudrak, Uli Krenn, Sandro Ganser, Beate Schmitt-Aschmann gehörten zur Startmannschaft der Telezeitung. Sie waren Filmstudenten, Zeitungs-Journalisten und Fernsehfreischaffende. „Alle waren wir jung und eine wilde Horde, die sich auf einem Abenteuerspielplatz getroffen haben“, erzählte Dagmar Werther, die als Mädchen für alles ihre journalistische Karriere bei der Telezeitung begann. Und alle haben sie diese Chance genutzt.
Mehr Fernsehvielfalt auf privater Basis organisiert sollte es nach amerikanischem Vorbild anfangs der 80-iger Jahre auch in Deutschland geben. In München entstand ein technisches Pilotprojekt, das die neue private, werbefinanzierte Programmvielfalt transportieren sollte. Die Gesellschafter der Münchner Zeitungsverlage gründeten dazu die Münchner Programm und Werbegesellschaft. Sie sollte ein entsprechendes Programm organisieren. Über das Warum dieses Engagement fanden die Diskutanten, dass wohl auch etwas Angst etwas zu verpassen sie dazu motivierte. Das Programm bekam den Namen „Telezeitung München“. Das war am 1. November 2013.
Mit neun Redakteuren und zehn Technikern startete am 1. April 1984 die Telezeitung ihr werktägliches 30-Minuten-Programm. Eine stumme Uhr kündigte den Beginn der Sendung an.
Das Budget ist immer zu wenig gewesen, aber sie haben sich voll einbringen und sie haben ganz verrückte Geschichten machen können, erzählten alle übereinstimmend.

Foto: Johann Schwepfinger

Lob blieb deshalb nicht aus. „Wir waren das Stadtviertel-Fernsehen. Unbekümmert und oft auch frech“, sagte Uli Krenn. Manchmal habe man um 15.00 Uhr noch nicht gewusst, was um 18.00 Uhr auf Sendung gehen sollte.
Beate Schmitt-Aschmann erinnert sich: „Der Kontakt zu den Zuschauern und deren Resonanz war schon toll. Immerhin hatten wir ja nicht wirklich viele Zuschauer.“
Sandro Ganser, Kameramann beschrieb die Situation von damals so: “Wir sind mit einer Videokamera zum Termin gekommen und letztlich nicht wirklich ernst genommen worden:“ Und trotzdem haben sie auch große Unterstützung bekommen -- zum Beispiel im Stadion“, ergänzte Uli Krenn, TV-Journalist und heute Kommunikations-Experte. Man habe Dinge hingekriegt, worüber sich andere schon gewundert hätten, wie wir das gemacht haben.
Dennoch: Nach 1 ¾ Jahren kam bereits das Aus für die Telezeitung, nachdem die Verleger in zwei Jahren bereits 11,5 Millionen Mark in das Programm investiert hatten. Wirtschaftliche Perspektiven lagen in weiter Ferne. Die Enttäuschung über das Ende war dennoch bei vielen der ersten Stunde gering, denn es kamen sofort neue Angebote. Die Telezeitung wurde übergeführt in den Privatsender TV-Weißblau München, den Georg Strauß gegründet hatte.
In der von der Medienjournalistin Sissy Pitzer moderierten Diskussion kam dann schließlich doch die Frage auf, was denn geblieben ist. Der Kreativität von damals ist die Ernüchterung gewichen, dass sich das Fernsehen immer weiter zum Unterhaltungsmedium entwickelt hat und auch bei den Privaten wird nichts mehr gewagt Experimente gäbe es kaum noch, war übereinstimmende Meinung.
Beate Schmitt-Aschmann brach schließlich noch eine Lanze für das private Fernsehen: „Wer heutzutage kreativ sein will, muss ins Lokalfernsehen gehen.“

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