„Kein Schnee mehr im Fernsehen - Schauspieler billiger als Hunde“

Fernsehbusiness auf der Kippe: Im FORUM des Presseclub berichtet die Deutsche Akademie für Fernsehen / DAFF über Auftragsverhalten und Arbeitsbedingungen der Fernsehschaffenden

Hochkarätige Besetzung und absurde Beispiele aus dem Alltag der TV-Branche

An vielen Beispielen wurde der Qualitäts-Einbruch insbesondere bei den Fiktionformaten kritisiert: Einen ZDF-Film erkenne man zweifellos am familiären gutsituierten Wohlstandstisch, an den gediegenen Dialogen und den Mantra-ähnlichen Autofahrten wahlweise vor schneebedeckter Bergkulisse. Oder entlang an malerischer Küstenlinie. „..wobei schneebedeckt schon wieder rausgestrichen würde, weil zu teuer beim Dreh..“: einen solchen Seitenhieb konnte sich eine Podiumsteilnehmerin nicht verkneifen.
Der Weltenentwurf der Anstalten sei bestimmt von unzähligen Redaktionsrunden und wenigen Hierarchen, die alles mitbestimmen. „Am Ende kommt von einem spannenden Tausendfüssler-Projekt nur noch eine arme Robbe raus, die nirgends aneckt.“: So beschrieben erklärt sich das nachhaltige Dilemma des deutschen Erzählfernsehens.
Das „Dänische Modell“ mit seinen packenden Serien, wie z.B. „Borgen“ komme „komplett ohne Fernsehredakteure aus“. Hierbei würde die Kraft eines Drehbuches, die „Authors Vision“ ungeschmälert umgesetzt. Brüche, Spannungen, Unvorhergesehenes und auch Gewagtes - in Fernsehdeutschland tabu. „Es überwiegt in den Redaktionsstuben die Daseinsvorsorge und eine Angst vor Entscheidung und Verantwortung“: dieser Befund löste breite Zustimmung im PresseClub aus.
Lösungsstrategien müssten von außen angeregt werden: Schaffung von Entwicklungsabteilungen etwa, mit einer ausgeprägten Fehlerkultur. Externe betriebswirtschaftliche Revisionen und prozessbegleitende Analysen statt ein als zahnlos empfundenes Nachkarten der Rechnungshöfe. Eine Zuschauervertretung etwa fehle genauso, wie eine ernstzunehmende journalistische Fernsehkritik.
Als Schlüssel zu einer Turn Around-Strategie wird eine Neubesetzung der Gremien in den öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Rundfunkräten angeregt: „Der Sachverstand der Fernsehmacher muss in den Gremien Platz und Stimme finden“, es könne nicht sein, dass eine gerade in Bayern traditionsreiche Kreativwirtschaft „ausgetrocknet würde, weil ein Sender zu spät erkenne, dass nur noch 20% der Rundfunksteuer für das Programm übrig sei.“
Auch Crowd-Funding (wie „Stomberg“) und netflix könnten neue unternehmerische Lösungen sein. Ebenso, wie Autoren, die selbst produzieren.
Die Deutsche Akademie für Fernsehen wurde von den TV-Machern gegründet. Sie wächst mit hoher Dynamik und vereint etwa 700 Mitglieder in 20 Gewerken. Die DAFF vergibt einen ambitionierten Fernsehpreis und versteht sich als Sprachrohr für die Belange der Fernsehschaffenden in Deutschland.
Auf dem Podium vertreten waren: Cornelia von Braun, Casting Direktorin, Vorstand DAFF und Bundesverband Casting BVC, Carolin Otto, Autorin, Vorstand Verband der deutschen Drehbuchautoren und DAFF-Mitglied, „München 7“, „Bulle von Tölz“, „Polizeiruf“, Felix Fichtner, Produzent, Neue Münchner Film, DAFF-Mitglied u.a. „Der Alte“, „Herzflimmern“ „Ein Fall für zwei“, Matthias Kupfer, Schauspieler, Bundesverband der Film- und Fernsehschauspieler und DAFF-Mitglied, „RosenheimCops“, „Forsthaus Falkenau“, „Der Alte“.
Die Moderation der Veranstaltung übernahm Fernsehjournalist und PresseClub Vorstandsmitglied Uwe Brückner.

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