Geht den Arbeitsagenturen in Bayern die Arbeit aus?

PresseClub-Gespräch mit Ralf Holtzwart, dem Bayernchef der Arbeitsagentur

Geht den Arbeitsagenturen in Bayern die Arbeit aus? PresseClub-Gespräch mit Ralf Holtzwart, dem Bayernchef der Arbeitsagentur. Foto: Heinrich Rudolf Bruns.

Zugegeben, die Themenstellung ist etwas ketzerisch, denn auch bei dem boomenden bayerischen Arbeitsmarkt geht der Agentur für Arbeit, die früher Arbeitsamt hieß, die Kundschaft nicht: Gut 930.000 Menschen haben sich im vergangenen Jahr bei der Arbeitsagentur gemeldet, zugleich gab es 950.000 Abgänge aus der Statistik. Es sei „eine hohe Bewegung in der Klientel“, meint der Chef der Regionaldirektion Bayern, Ralf Holtzwart, der aus Nürnberg zur Diskussion im PresseClub gekommen ist. Darunter sind nicht nur Arbeitslose, sondern auch Ratsuchende, die einen anderen Job oder überhaupt etwas Neues in ihrem Leben machen wollen. Dazu kommen viele junge Menschen, die einen Ausbildungsplatz suchen. Und sie haben gute Chancen: Zwar zählt Bayern 5,5 Millionen Arbeitskräfte und damit so viele wie noch nie, dennoch melden die Arbeitgeber viele offene Stellen. Das größte Potential sieht Holtzwart in Arbeitskräften mit höherer Qualifikation.

Neben den zumeist positiven Zahlen, darunter auch die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in allen deutschen Ländern, drehte sich das muntere Gespräch unter Leitung von PresseClub-Vorsitzendem Peter Schmalz natürlich (wie fast alles in diesen Tagen) auch um Flüchtlinge und Zuwanderung. Rund 88.000 Menschen sind im vergangenen Jahr in den bayerischen Arbeitsmarkt eingewandert, die eine Hälfte aus der EU, die andere auf der Flucht. Da die Qualifikationen auch in der EU unterschiedlich sind, findet die erste Hälfte überwiegend nur gering qualifizierte Arbeit. Bei den Flüchtlingen sind nur rund 15 Prozent so qualifiziert, dass sie sofort arbeiten könnten, wenn sie denn dürften. Wichtig wäre für Holtzwart, dass auch Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive ausgebildet werden dürfen Denn diese Menschen könnten nach ihrer Rückkehr daheim ein Unternehmen gründen, weitere Einheimische einstellen und so die Situation in den Herkunftsländern massiv verbessern. Womit für einige der Fluchtgrund entfiele. Darüber hinaus wünscht sich Holzwarth eine größere Selbstständigen-Förderung, die sich nicht nur auf Nagelstudios und ähnliches beschränken dürfe. Und selbstverständlich wurde auch über die Digitalisierung diskutiert. Denn vielen, die massiven Abbau von Arbeitsplätzen befürchten, setzt Holzwarth volle Optimismus entgegen: Wie bei früheren Innovationsschüben werde es auch diesmal mehr Arbeitsplätze als zuvor geben. Und dabei, ist er sicher, werde „Bayern der Vorbote“ sein.

Text: Heinrich Rudolf Bruns

Foto: Heinrich Rudolf Bruns

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