PresseClubForum Japan und Siebold mit dem japanischen Generalkonsul Hidenao Yanagi und dem Siebold-Ururenkel Constantin von Brandenstein-Zeppelin am 4.10.2016

PresseClubForum Japan und Siebold mit dem japanischen Generalkonsul Hidenao Yanagi und dem Siebold-Ururenkel Constantin von Brandenstein-Zeppelin am 4.10.2016. Foto: Hans Schwepfinger.

Abende, bei denen einem vor Geschichten und Schnurren das Herz übergehen möchte, sind auch im PresseClub besondere Höhepunkte. Ein solcher war der Abend mit dem japanischen Generalkonsul Hidenao Yanagi und dem Siebold-Ururenkel Constantin von Brandenstein-Zeppelin.

In Bayern ist er fast vergessen, der Japan-Forscher Philipp von Siebold. Der Todestag des Würzburger Arztes jährt sich am 18. Oktober zum 150. Mal. Nicht zuletzt gilt von Siebold heute in Japan als der Begründer des modernen Staates. Dass Japan und Bayern heute ein so gutes Verhältnis haben, ist auch sein Verdienst. Er brachte in bester Manier Bayern und Japan einander näher und sorgte für einen befruchtenden Kulturaustausch, der bis heute anhält.

Es sind nicht nur die japanischen Autos, mit denen bayerische Marken um die Vorherrschaft auf der Straße wetteifern, auch die Hightech-Industrie, obwohl in Konkurrenz, bedingt einander. Interessantes Detail am Rande: Noch vor 15 oder 20 Jahren war es selbstverständlich, dass ein Generalkonsul ein deutsches Auto fuhr, heute bewegt man sich mittels heimischem Lexus fort. Der japanische Generalkonsul Hidenao Yanagi steuerte interessante Fakten zum Gespräch mit dem Siebold-Ururenkel Constantin von Brandenstein-Zeppelin bei: So leben fast 8.000 Japaner in München, davon 4.444 in München und 333 in Nürnberg. 159 japanische Unternehmen haben Niederlassungen in Bayern, der Export bilanzierte letztes Jahr mit 3,3 Milliarden Euro, der Import mit 2,9. Während Bayern mehr nach Japan ausführt als von dort einkauft, ist die gesamtdeutsche Statistik umgekehrt: 17 Milliarden Export, 20,2 Milliarden Import.

Zwölf bayerische Städte haben Partnerstädte in Japan, es gibt sieben Deutsch-Japanische Gesellschaften in Bayern, die Universitäten München und Erlangen-Nürnberg bieten Japanologie als Studienfach an. Über 400 japanische Schülerinnen und Schüler besuchen die Internationale bzw. Ergänzungsschule in München, in Nürnberg sind es 47. Die bedeutendsten Feste, die Japaner hierzulande zu feiern wissen, finden im Englischen Garten und in Würzburg statt.

Dahingegen, so Generalkonsul Hidenao Yanagi, hätten japanische Reiseunternehmen zwischen 30 und 40 Prozent weniger Buchungen zum Oktoberfest hinnehmen müssen. Ursache: die politische Lage, die Angst vor Anschlägen. Da träfe es sich gut, dass übernächste Woche der Landwirtschaftsminister Helmut Brunner nach Japan reise, er könne sicher Werbung für das Oktoberfest machen. Überhaupt: Die Reisen deutscher Politiker: Auch Staatsministerin Beate Merk reist nach Japan, Claudia Roth war schon da, und der Bundespräsident mache am Ende seiner Amtszeit auch noch seine Aufwartung.

Und somit war man abseits der harten Fakten sogleich im munteren Austausch. Da wechselten sich muntere Geschichten und Schnurren ab, Constantin von Brandenstein-Zeppelin wusste Interessantes aus dem Leben seines Ururopas zu berichten. Das nimmt nicht wunder, denn sein Lebensinhalt (neben dem des Broterwerbs als Waldbauer, Eigenauskunft) ist das Leben des Ahnen. Philipp von Siebold ist den meisten als Botaniker ein Begriff, daneben machte er sich auch einen Namen als Kartograph von Japan. Mit Sextant und Barometer fertigte er detailgenaue Karten der Gebiete, die er bereiste. Constantin von Brandenstein Zeppelin über das Leben seines Urahns:

 

Mit einem hohlen Spazierstock sammelte der Würzburger heimlich Samen auf seinen Spaziergängen. Das aber war nur ein Teil seiner Sammelleidenschaft: Die Grundstöcke der japanischen Objekte im Weltmuseum Wien und Museum Fünf Kontinente München (vormals beide ‚Völkerkundemuseum‘) gehen auf Philipp von Siebold beziehungsweise seinen Sohn Alexander zurück, der in Japan Diplomat in britischen Diensten war. Wer sich ein wenig für Museen und Geschichte interessiert, konnte in einer Randnotiz an diesem Abend erfahren, dass einige der wertvollen Ausstellungsstücke in nur unzureichend gegen Wind und Wetter geschützt Räumlichkeiten am Hofgarten eingelagert waren. Dass Siebold derart viel sammeln konnte, mag fast als ein Wunder erscheinen, denn zur damaligen Zeit waren Ausländer wenig willkommen in Japan. Einzige Ausnahme: die Holländer, die vor Nagasaki die Handelsinsel Deijma bewohnten und bewirtschafteten. Siebolds schlechte Kenntnisse des Niederländischen waren jedoch kein Hindernis. Er war als Arzt tätig, soll auf Honorare verzichtet haben und bekam stattdessen viele Geschenke – ein Grundstock seiner umfangreichen Sammlungen.

Auch aus Sicht von Generalkonsul Hidenao Yanagi ist Siebold wichtig für das europäisch-japanische Verhältnis: „Er hat uns viele Kenntnisse über Europa nahegebracht.“ So kennt in Japan jedes Schulkind den Botaniker Siebold, in Tokio gibt es ihm zu Ehren eine Ausstellung, Briefmarken erinnern an den Arzt und Offizier, ein Zuhörer im Presseclub wusste die Geschichte zu berichten, dass er japanischen Touristen den Weg zu Siebolds Grab auf dem Münchner Südfriedhof wies: Auf dem Weg dahin kauften sie einen großen Blumenstrauß, den sie auf sein Grab, von dem die meisten Münchner nichts wissen, niederlegten. Mit Heiterkeit aufgenommen wurden die Anekdoten, die der Ururenkel Siebolds erzählte, Constantin von Brandenstein-Zeppelin. Zum Beispiel die, wie er sich schwer bewacht in dem zur Edo-Zeit isolierten Japan bewegte: Um weiter botanische Studien machen zu können, täuschte er Unwohlsein vor und schlug sich zur Erleichterung vom Tross weg ins Gebüsch, wo er heimlich Pflanzensamen sammelte. Seine Bewacher waren es bald leid, Siebold auf seinen ‚Erleichterungsgängen‘ zu begleiten, so dass das dann Siebolds Freunde übernommen, die er nach und nach in die Reihen seiner Bewacher geschmuggelt hatte. Ein beredtes Zeugnis des Abends im Presseclub München gibt der Ururenkel Constantin von Brandenstein-Zeppelin mit einer Anekdote:

 

Am 18. Oktober wird die Deutsch-Japanische Gesellschaft um 15 Uhr einen Kranz auf dem Alten Südfriedhof München niederlegen: Gräberfeld 33 - Reihe 13 - Platz 5. Da liegt Philipp Franz von Siebold, der sowohl Botanikern als auch Kartographen ein Name ist. Constantin von Brandenstein-Zeppelin aber kann sich auf den nächsten großen Todestag aus seiner Familie vorbereiten: Am 8. März 2017 jährt sich der Tod seines berühmten Urgroßvater Ferdinand von Zeppelin zum 100. mal.

Text: Heinrich Rudolf Bruns. Fotos: Hans Schwepfinger.

Zurück