Sonstiges23.03.2009 19:30
Geschichte oder Geschichten? Geschichtsjournalismus zwischen historischer Aufklärung und "Histotainment"
Geschichte oder Geschichten? Geschichtsjournalismus zwischen historischer Aufklärung und "Histotainment", "Vergangenheit als Director’s Cut" oder "Hitlers Genitiv"
Jour Fixe mit Jutta Neupert,
Historikerin und Filmemacherin
Ein Blick in die Fernsehzeitschrift genügt… und
Sendungen bzw. Reihen wie History, Wir Europäer, Die Deutschen,
Abenteuer 1900 – Leben im Gutshaus oder gar Die Bräuteschule der 50er
springen einem ins Auge; der Gang zum Kiosk… und neben aktuellen
Zeitungen und Magazinen türmen sich historische Zeitschriften und
Sonderausgaben wie Spiegel Spezial Geschichte oder Geo Epoche.
Geschichte scheint zu einem Medienphänomen geworden zu sein.
Dabei stellt die Attraktivität von Vergangenem aber nicht nur ein
ungeheures Themenreservoir für Journalisten, Dokumentarfilmer und
publizierende Historiker dar – angsichts der Popularität von Geschichte
in den Medien muss man sich fragen, wie viel hier wirklich Geschichte
ist und wo nicht ganz einfach nur quoten-machende Geschichten möglichst
reißerisch erzählt werden. Aber immer wieder wird auch Kritik laut: Es
ist die Rede von der "Knoppisierung der Geschichte", von "Vergangenheit
als Director’s Cut" oder Reduzierung von komplexen Zusammenhängen auf
"Hitlers Genitiv" à la "Hitlers Helfer", "Hitlers Frauen", "Hitlers
Generäle" bis hin zu "Hitlers Hunde" (letzter Titel kündigt – man kann
es ahnen – eine Parodie an). Wo hört ernstzunehmender
Geschichtsjournalismus auf – und wo fängt emotionalisierendes Fabulieren
an? Ist Re-Enactment der Anschaulichkeit halber zulässig? Wie seriös
sind die Aussagen von Zeitzeugen, wie kommt man an sie heran und wie
geht man mit diesen nicht immer einfachen Interviewpartnern und deren
häufig recht fragwürdigen Zeugnissen um?
Jutta Neupert, Historikerin und Filmemacherin, hat viele dieser Klippen bereits erfolgreich umschifft: Mit Filmen zu heiklen Themen wie z.B. Pfarrer für Hitler - Kirchenmänner unter dem Hakenkreuz (über die Rolle der evangelischen und katholischen Kirche im Dritten Reich), Von braunen Flecken und weißen Westen - Entnazifizierung in Bayern, oder Der lange Weg nach Dachau hat sie bewiesen, dass man auf authentische und zugleich interessante Weise Geschichte im Fernsehen behandeln kann. Für dieses Engagement wurde sie nicht zuletzt mit dem dem "Freiherr-von-Pechmann-Preis" der evangelischen Landeskirche geehrt – einem Preis, der die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit fördern will.
Was kann bzw. will Geschichtsjournalismus leisten?
"Historische Aufklärung" oder "Histotainment" – ist hier eine
Unterscheidung sinnvoll bzw. überhaupt möglich?
Wie packt man historische (und insbesondere 'heiße') Themen erfolgreich
an, um sie dann verständlich und ansprechend umzusetzen?
Antworten auf diese (und sicherlich viele weitere Fragen) gibt es beim nächsten Jour Fixe mit Jutta Neupert als Gast.
Eine Veranstaltung der Nachwuchsjournalisten Bayern e.V.